Freitag, 11. März 2011

Am Samstag, dem 12. März,

demonspazieren wir wieder und sprechen mit denen, die uns begegnen, übers bedingungslose Grundeinkommen. (Wir treffen uns wieder um 12:00 im Cafe Kotti am Kottbusser Tor, im ersten Stock des die Adalbertstraße überspannenden Betonriegels).

Das Bruttoinlandsprodukt wächst, aber auch die Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse (Leiharbeit, Minijobs) nimmt zu, die Arbeitslosigkeit ist weiter hoch, und dennoch scheint an den Armen und den Arbeitslosen ein Makel zu haften. "Jeder kann es schaffen, und wenn du es nicht geschafft hast, so bist du schuld, bzw. deine Laster, deine Dummheit, deine Mängel." Jeder aber hat ein menschenwürdiges Einkommen verdient. Wer daran zweifelt, steht außerhalb des Grundgesetzes.

Artikel 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Dass die 'Behandlung' der Hartz-IV-Empfänger deren Würde immer wieder verletzt, lässt sich belegen, aber selbstverständlich auch leugnen. Welche Menschenrechte sind gemeint? Es sei an die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" vom 10. Dezember 1948 erinnert:

Atikel 22: Jeder Mensch hat als Mitglied der Gesellschaft Recht auf soziale Sicherheit; er hat Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Organisation und der Hilfsmittel jedes Staates in den Genuss der für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen.

Wer kann angesichts der in den Hartz-IV-Sätzen veranschlagten Summen für Weiterbildung und kulturelle Teilhabe behaupten, dass die Bundesrepublik diesen Artikel achtet? (Für andere Menschenrechte zieht man freilich in den Krieg.) Die neuen Hartz-IV-Sätze wurden, das ist beinahe offensichtlich, rückwärts berechnet. Der tatsächliche Bedarf sollte nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Grundlage der Sätze sein, der Betrag war vorgegeben. Um dieses Ergebnis zu erhalten, muss man nur den Verbrauch der ärmsten x Prozent (hier x=15) zugrunde legen und irgendwelche Posten mit moralisierenden Argumenten (Genussmittel) streichen, eh voilà. So kann der Wortlaut des Urteils beachtet werden, während man doch dagegen verstößt.

Weiter sei an Artikel 12 des Grundgesetzes erinnert:

Artikel 12 (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Wie nun verträgt sich das mit den Sanktionen, durch die die Teilnahme an Maßnahmen und die Arbeit in gewissen Arbeitsverhältnissen erzwungen werden? Und haben die vielen, die zähneknirschend eine schlecht bezahlte und unbefriedigende Arbeit annehmen, gegenwärtig eine freie Wahl?


Wir schlagen vor, dass dieses Land (und nicht nur dieses) endlich Ernst macht mit den Menschenrechten, zu denen es sich angeblich bekennt: Ein bedingungsloses Grundeinkommen, das jeden Bewohner dieses Landes über das Armutsniveau erhebt und ihm damit erst die Freiheit gibt, eine Arbeit frei zu wählen.