Dienstag, 22. Dezember 2009

am Samstag, den 9. Januar 2010

... demonspazieren wir wieder für das bedingungslose Grundeinkommen. Wir treffen uns um 12 Uhr im Café Kotti am Kottbusser Tor oder, wenn viele kommen, unterhalb des Cafes auf dem Platz. Das Kotti befindet sich im ersten Stock des Zentrums Kreuzberg.

Wir haben diese Demospaziergänge bisher am ersten oder zweiten Samstag des Monats durchgeführt. Künftig werden wir uns an den zweiten Samstag im Monat halten, so dass auch andere sich auf diesen Termin einstellen könnten und entweder in ihrem eigenen Stadtteil so etwas veranstalten oder eben auch zum Kottbusser Tor kommen.

Wir spazieren mit Plakaten und Trillerpfeifen durch die Stadt und führen dabei Gespräche. Das bedingungslose Grundeinkommen wird von nicht wenigen diskutiert, hat aber noch nicht so viele Anhänger, dass es möglich wäre, in großen Demonstrationen 'Präsenz zu zeigen' und politischen Druck auszuüben. Zur Zeit scheint es uns daher gut, solche Gespräche in kleinen Gruppen zu führen, um zur Verbreitung der Idee und der Überwindung einer politischen Stagnation beizutragen. Umso besser, wenn viele erscheinen: Dann könnten wir sehen, dass wir nicht allein sind, und uns anschließend in viele kleine Gruppen zerstreuen und mit viel mehr Leuten reden.

Warum ein bedinungsloses Grundeinkommen? Jeder hat ein bedingungloses Recht auf Leben, Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung, das er hier nur mit einem Einkommen wahrnehmen kann. Dennoch wird jetzt ein Einkommen an Bedingungen geknüpft. Wer nicht von einer Lohnarbeit leben kann, erhält die staatliche Unterstützung nur dann in voller Höhe, wenn er die Vorschriften der Arbeitsagentur akzeptiert (Maßnahmen, 1-Euro-Jobs). Auch ist diese Unterstützung keineswegs auf eine volle "Teilhabe" der Empfänger am gesellschaftlichen Leben ausgelegt, sondern "soll" einen Bestrafungscharakter haben, denn ein jeder "soll" seinen Lebensunterhalt ja durch Arbeit verdienen, auch wenn es nicht genug Lohnarbeit für alle gibt.
Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen werden Rechte eingefordert, die das Grundgesetz und die europäische Menschenrechtserklärung uns zusichern.

Viel Lohnarbeit ging durch Rationalisierung verloren. Die Produktion ist gewachsen, mit ihr aber nicht die Nachfrage nach Arbeitskräften. Andererseits gibt es in vielen Bereichen wichtige Arbeit, die ehrenamtlich geleistet wird. Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens läuft auf die teilweise Abkopplung von Arbeit und Einkommen hinaus. Das schließt aber eine Ausweitung des öffentlichen Dienstes, eine allmähliche Umwandlung vieler ehrenamtlicher Tätigkeiten in Lohnarbeit, eine gesetzliche Begünstigung von Teilzeitarbeit etc. nicht aus. Wir glauben nicht, dass das bedingungslose Grundeinkommen das Patentrezept ist, das alles übrige der marktwirtschaftlichen Selbstorganisation überlässt. (Manche Vertreter des bedingungslosen Grundeinkommens stellen sich so etwas vor.)

Manche der Grundrechte können besser direkt gewährleistet werden, etwa die Gesundheitsversorgung. Die gegenwärtig geplante Umstellung der Krankenkassenbeiträge auf Kopfpauschalen wird auf Dauer entweder die Gebühren für die Ärmeren erhöhen und deren Spielräume weiter beschneiden oder dazu führen, dass die gesetzlichen Krankenkassen für weniger Leistungen aufkommen. Beides sollte sich eine solidarische Gesellschaft nicht wünschen. Wenn man die Rechte auf Leben und Gesundheit ernst nimmt, wird man dagegen das System einer solidarischen Versicherung stärken. Dass im Gesundheitssektor emarktwirtschaftliche Strukturen keineswegs "Kosten senken", beweisen die USA.

Die Gesundheitsversorgung würde man also auf eine Liste schreiben, auf der die Güter stehen, die direkt und nicht über eine Grundeinkommen gewährleistet werden sollten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde zusammen mit solchen direkt gewährleisteten Rechten den Einzelnen eine Gestaltung des eigenen Lebens ohne überflüssige Angst ermöglichen. Jeder könnte sich für oder gegen eine bestimmte Arbeit entscheiden, zusammen mit anderen für andere Arbeitsbedingungen streiten, sich ehrenamtlich oder politisch betätigen, ohne fürchten zu müssen, dafür bestraft zu werden. Gerade eine sich demokratisch verstehende Gesellschaft sollte sich soviel Freiheit wünschen. Ja, es geht bei gesellschaftlicher Solidarität auch um Freiheit, denn die Freiheit des Einzelnen hat Bedingungen, die über bloße Schutzrechte hinausgehen. Wir haben bei unseren Demospaziergängen auch schon 'Liberale' getroffen, die nur Schutzrechte, aber keinerlei soziale Rechte akzeptieren, nach Art Robert Nozicks. Die Funktion des Staates wäre demnach der polizeiliche Schutz des Eigentums und des Lebens, und basta. In solchem 'Liberalismus' wird von den Bedingungen konkreter Freiheit schon gar nichts mehr verstanden. Freiheit braucht Solidarität.


P.S. Die Kommentare zu der Ankündigung bekräftigen, dass es auch eine Grossdemonstration
geben sollte, wenn das bereits möglich ist. Speziell der eine Kommentar sei hier zitiert, damit man ihn gleich sieht und nicht erst klicken muss:

Zitat: "...hat aber noch nicht so viele Anhänger, dass es möglich wäre, in großen Demonstrationen 'Präsenz zu zeigen' und politischen Druck auszuüben."

Genau deshalb gibt es die "Straße der (R)Evouliton", zu der jeder BGE-Befürworter herzlich eingeladen ist. Das ist eine "Dauerdemo" mit dem Vorhaben, dass eine große Straßendemo stattfinden wird, wenn 100.000 Menschen sich in der Online-Demoliste eingetragen haben.

Hier kann sich jeder eintragen:
http://653169.guestbook.onetwomax.de
->Link
[Seltsamerweise klappt diese Adresse als direkter Link von meinem Browser nicht, man kommt jedoch auf die richtige Seite, wenn man die Adresse in den Browser kopiert.]

Ein kurzes Video zu dieser Aktion gibt es auch:
http://www.youtube.com/watch?v=gBWjmJsaQbw

LG
ForMoreDemocracy

Dienstag, 1. Dezember 2009

am Samstag, den 5. 12. 2009 ...

... demonspazieren wir wieder für das bedingungslose Grundeinkommen. Wir treffen uns um 12 Uhr im Café Kotti am Kottbusser Tor. (Es ist ein Spaziergang mit Plakaten und Trillerpfeifen, in dessen Verlauf wir Gespräche führen.) Das Kotti befindet sich im ersten Stock des Zentrums Kreuzberg.

Jeder hat ein bedingungloses Recht auf Leben, Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung, das er hier nur mit einem Einkommen wahrnehmen kann. Dennoch wird ein Einkommen an Bedingungen geknüpft. Wer nicht von einer Lohnarbeit leben kann, erhält die staatliche Unterstützung nur dann in voller Höhe, wenn er die Vorschriften der Arbeitsagentur akzeptiert (Maßnahmen, 1-Euro-Jobs). Auch ist diese Unterstützung keineswegs auf eine volle "Teilhabe" der Empfänger am gesellschaftlichen Leben ausgelegt, sondern "soll" einen Bestrafungscharakter haben, denn ein jeder "soll" seinen Lebensunterhalt ja durch Arbeit verdienen, auch wenn es nicht genug Lohnarbeit für alle gibt.
Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen werden lediglich Rechte eingefordert, die das Grundgesetz und die europäische Menschenrechtserklärung uns zusichern.

Viel Lohnarbeit ging durch Rationalisierung verloren. Die Produktion ist gewachsen, mit ihr aber nicht die Nachfrage nach Arbeitskräften. Andererseits gibt es in vielen Bereichen wichtige Arbeit, die ehrenamtlich geleistet wird. Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens läuft auf die teilweise Abkopplung von Arbeit und Einkommen hinaus. Das schließt aber eine Ausweitung des öffentlichen Dienstes, eine allmähliche Umwandlung vieler ehrenamtlicher Tätigkeiten in Lohnarbeit, eine gesetzliche Begünstigung von Teilzeitarbeit etc. nicht aus. Wir glauben nicht, dass das bedingungslose Grundeinkommen das Patentrezept ist, das alles übrige der marktwirtschaftlichen Selbstorganisation überlässt. (Manche Vertreter des bedingungslosen Grundeinkommens stellen sich so etwas vor.)

Manche der Grundrechte können besser direkt gewährleistet werden, etwa die Gesundheitsversorgung. Die gegenwärtig geplante Umstellung der Krankenkassenbeiträge auf Kopfpauschalen wird auf Dauer entweder die Gebühren für die Ärmeren erhöhen und deren Spielräume weiter beschneiden oder dazu führen, dass die gesetzlichen Krankenkassen für weniger Leistungen aufkommen. Beides sollte sich eine solidarische Gesellschaft nicht wünschen. Wenn man die Rechte auf Leben und Gesundheit ernst nimmt, wird man dagegen das System einer solidarischen Versicherung stärken. Dass im Gesundheitssektor emarktwirtschaftliche Strukturen keineswegs "Kosten senken", beweisen die USA.

Die Gesundheitsversorgung würde man also auf eine Liste schreiben, auf der die Güter stehen, die direkt und nicht über eine Grundeinkommen gewährleistet werden sollten. Was sollte sonst noch auf dieser Liste stehen? Ein Vorschlag: Die Weiterbildung in jedem Alter. Dass etwa jemand, der gerne ein Abitur machen möchte, nicht gefördert sondern behindert wird (LINK), ist einer von vielen kleinen Skandalen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde zusammen mit solchen direkt gewährleisteten Rechten den Einzelnen eine Gestaltung des eigenen Lebens ohne überflüssige Angst ermöglichen. Jeder könnte sich für oder gegen eine bestimmte Arbeit entscheiden, zusammen mit anderen für andere Arbeitsbedingungen streiten, sich ehrenamtlich oder politisch betätigen, ohne fürchten zu müssen, dafür bestraft zu werden. Gerade eine sich demokratisch verstehende Gesellschaft sollte sich soviel Freiheit wünschen. Ja, es geht bei gesellschaftlicher Solidarität auch um Freiheit, denn die Freiheit des Einzelnen hat Bedingungen, die über bloße Schutzrechte hinausgehen. Wir haben bei unseren Demospaziergängen auch schon 'Liberale' getroffen, die nur Schutzrechte, aber keinerlei soziale Rechte akzeptieren, nach Art Robert Nozicks. Die Funktion des Staates wäre demnach der polizeiliche Schutz des Eigentums und des Lebens, und basta. In solchem 'Liberalismus' wird von den Bedingungen konkreter Freiheit schon gar nichts mehr verstanden. Freiheit braucht Solidarität.

Die Beseitigung der Furcht, zu verarmen, läuft auch keineswegs darauf hinaus, die menschliche Existenz zu verflachen oder den Menschen um seine Antriebskräfte zu bringen (was manche Publizisten à la Nietzsche, andere mit - angeblich - ewigen Gesetzen menschlicher Motivation begründen). Im Gegenteil können die zu fällenden Entscheidungen ohne den Störfaktor Angst besser gefällt werden, und manche Idee, die jetzt aus Angst verkümmert, könnte realisiert werden. Es ist übrigens falsch, zu glauben, ein Seiltänzer sei deshalb besser, weil er ohne Netz arbeitet. Der Wagemut von großen Unternehmern wird gerne gerühmt, dabei gehen diese aus einem etwaigen Bankrott meist noch als Millionäre hervor, weil so viel immer noch vom ererbten Vermögen übrig bleibt. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde den Wagemut aller begünstigen. Die Vorstellung, "die Existenz verflache" ohne die Furcht vor dem Verarmen, ist ein Ausgeburt des krankhaften Ökonomismus der jüngeren Zeit. Denn auch in einem guten Staat müssen wir mit Krankheiten und dem Tod zurechtkommen, unentwegt Entscheidungen treffen und diese gelegentlich bereuen.


Noch ein Nachtrag: Solidarität muss natürlich nicht staatlich organisiert sein. Wir finden die Staaten lediglich vor und mit ihnen die Möglichkeiten, ihre Organisation in den Dienst der Solidarität zu stellen. Manche radikaleren Linken nennen das "Etatismus" und bringen es in den Geruch, rückständig oder gar "rechts" zu sein. Eine bereits etablierte Solidarität, die den Staat nicht bräuchte, wäre mir womöglich auch lieber, ist aber nirgends in Sicht. So läuft die Kritik am Etatismus leider oft darauf hinaus, das gute Leben auf eine ferne Zukunft zu vertagen und es sich einzeln gut im härter werdenden Kapitalismus einzurichten.

Dienstag, 3. November 2009

Am Samstag, dem 14. November 2009

... demonspazieren wir wieder für das bedingungslose Grundeinkommen. Wir treffen uns um 12 Uhr im Café Kotti am Kottbusser Tor. (Es ist ein Spaziergang mit Plakaten und Trillerpfeifen, in dessen Verlauf wir Gespräche führen.) Das Kotti befindet sich im ersten Stock des Zentrums Kreuzberg.

Jeder hat ein bedingungloses Recht auf Leben, Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung, das er hier nur mit einem Einkommen wahrnehmen kann. Dennoch wird ein Einkommen an Bedingungen geknüpft. Wer nicht von einer Lohnarbeit leben kann, erhält die staatliche Unterstützung nur dann in voller Höhe, wenn er die Vorschriften der Arbeitsagentur akzeptiert. Da muss er etwa eine "Massnahme" oder einen "1-Euro-Job" annehmen oder die Definition einer "zumutbaren Stelle" akzeptieren, die ihm sein Sachbearbeiter zumutet. Je schikanöser die Bedingungen, desto leichter hat es ein Billiglohnsektor zu bestehen. Ein schlechter und schlecht bezahlter Job sei immer noch besser als keiner lehrt uns die Furcht. Die Gewerkschaften haben bisher zu wenig gegen die Ausbreitung dieses Sektors getan.

Ein bedingungsloses Einkommen über der Armutsgrenze ermöglicht die Wahl zwischen Lohnarbeit, ehrenamtlicher Arbeit und sonstigen Tätigen. Nur wer eine Arbeit auch ablehnen kann, kann die Bedingungen der Arbeit verhandeln. Auch solidarisches Handeln hat mehr Chancen, wenn die Angst schwindet und deren Gebot, "sich um sich selbst zu kümmern".

Das bedingungslose Grundeinkommen wird derzeit von keiner Partei vertreten, insbesondere ist es etwas ganz anderes als das im Koalitionvertrag der CDU/CSU/FDP erwähnte bedarfsorientierte und eben nicht bedingungslose "Bürgergeld":

Die Koalition nimmt sich vor, die vielfältigen und kaum noch überschaubaren steuerfinanzierten Sozialleistungen darauf hin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang eine Zusammenfassung möglich ist. In diese Prüfung wird auch das Konzept eines bedarfsorientierten Bürgergeldes einbezogen.

Es geht der FDP hier wie in ihren Absichtserklärungen in erster Linie um "Vereinfachung". Da sie gleichzeitig die Steuern und Abgaben senken will, muss sie letztlich auch eine Verminderung der Sozialleistungen wollen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde aber ein höheres Steueraufkommen benötigen.

Wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen gäbe, liesse sich über eine Aufhebung des Kündigungsschutzes reden. Solche mühsam erkämpften Rechte werden aber nicht "einfach so" aufgegeben. Manche vertreten das Grundeinkommen jetzt schon in fester Verbindung mit "Senkung der Lohnnebenkosten" und "Aufhebung des Kündigungsschutzes". Dabei besteht die Gefahr, zur Erosion der Arbeitnehmerrechte beizutragen, bevor noch ein bedingungsloses Grundeinkommen auf würdigem Niveau erreicht wurde.

Unsolidarisches Urteilen und Handeln ist üblich. Wenn etwa T. Sarrazin auf "deutschen Unterschichten" und "bis auf Gemüsehandel wirtschaftlich irrelevanten Türken und Arabern" herumhackt, gibt es mehr Nicken als Kritik. Warum sollen wir "die" durchfüttern, "die" sind doch selbst schuld? (Von der Verantwortung der Unternehmen, die ihre Arbeitsplätze abgezogen haben, war dabei nicht die Rede. Es handelt sich nämlich nicht um eine seriöse Analyse, sondern um ein gutes altes Klassenressentiment. Die, die unten sind, taugen nichts und stinken.) Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird nur durch Solidarität erreichbar sein. Das bedingungslose Grundeinkommen ist nur eine Idee, es ist kein Patentrezept. Wenn es genug Solidarität dafür gibt, wird sich auch auf anderen Gebieten viel verändern lassen, etwa: Rechte von Einwanderern; ein Schulsystem, das nicht frühzeitig aussortiert.

Was sich am bedingungslosen Grundeinkommen besonders deutlich zeigt, ist etwas, das ein unreflektierter Liberalismus gerne verschweigt: Dass die Freiheit des Einzelnen Solidarität zur Bedingung hat. Weder kann der Reiche in Frieden ohne Polizei leben, noch kann der Arme seine Rechte wahrnehmen. Rechtsschutz und Umverteilung haben den selben Ursprung.

Samstag, 3. Oktober 2009

Am Samstag, den 10.10.09...

... demonspazieren wir wieder für das bedingungslose Grundeinkommen. Wir treffen uns um 12 Uhr im Café Kotti am Kottbusser Tor. Das Kotti befindet sich im ersten Stock des Zentrum Kreuzberg.

In Otjivero, einem kleinen und sehr armen, von großen Ländereien weißer Farmer eingezäunten Ort in Namibia, wurde vor einiger Zeit ein Grundeinkommen eingeführt. Pro Person - ob Erwachsener oder Kind - wird monatlich ein Betrag von 100 Namibia-Dollar ausgezahlt. Das ist nicht viel, genügt aber, um die Familie satt zu bekommen und das Schulgeld für die Kinder zu bezahlen. Seit der Einführung des Grundeinkommens ist die Unterernährungsrate der Kinder von 42 auf 10 Prozent gesunken, ist der Anteil der Kinder, die die Schule besuchen, auf 92 Prozent gestiegen. Zahlreiche kleine Geschäfte wurden gegründet und es zeigt sich ein Rückgang der Kriminalität. Die Arbeitslosenquote betrug vor der Einführung 70 Prozent; froh konnte sein, wer für einen Hungerlohn auf einer Farm arbeitete. Viele der Farmen sind Überbleibsel deutscher Kolonialgewalt. Der Reichtum der Farmer beruht auf der Arbeit derer, denen sie das Land raubten und über deren Faulheit sie sich nun ergehen. Namibia sollte den Deutschen neuen Lebensraum liefern. Die Menschen aus Otjivero haben darunter heute noch zu leiden. Das Grundeinkommen aber scheint Licht in die Hoffnungslosigkeit gebracht zu haben, so manche Idee konnte bereits Wirklichkeit werden - "Ich, wenn ich kein Geld zum Reisen habe, habe kein Bedürfnis, d.h. kein wirkliches und sich verwirklichendes Bedürfnis zum Reisen. Ich, wenn ich Beruf zum Studieren, aber kein Geld dazu habe, habe keinen Beruf zum Studieren, d.h. keinen wirksamen, keinen wahren Beruf. Dagegen ich, wenn ich wirklich keinen Beruf zum Studieren habe, aber den Willen und das Geld, habe ich einen wirksamen Beruf dazu. Das Geld - als das äußere, nicht aus dem Menschen als Menschen und nicht von der menschlichen Gesellschaft herkommende allgemeine Mittel und Vermögen, die Vorstellung in die Wirklichkeit und die Wirklichkeit zu einer bloßen Vorstellung zu machen, verwandelt ebensosehr die wirklichen menschlichen und natürlichen Wesenskräfte in bloß abstrakte Vorstellungen und darum Unvollkommenheiten, qualvolle Hirngespinste, wie es andrerseits die wirklichen Unvollkommenheiten und Hirngespinste, die wirklich ohnmächtigen, nur in der Einbildung des Individuums existierenden Wesenskräfte desselben zu wirklichen Wesenskräften und Vermögen verwandelt." - Das Grundeinkommen nimmt die verkehrende Macht des Geldes an, nicht, um sie wieder zu verkehren, dazu ist dann doch eine ganz und gar sozialistische Gesellschaft notwendig, aber wohl um in einer vom Geld regierten Welt dem LEBEN Geltung zu verschaffen. Was das Leben dann daraus macht, wird sich zeigen.
Die Auszahlung des Grundeinkommens an die Otjiveros ist leider nur ein Projekt, das auf ein Jahr begrenzt ist und von privaten Trägern finanziert wird. Ziel ist aber, das Grundeinkommen auf nationaler Ebene durchzusetzen, es zur staatlichen Pflicht zu machen. Im Wege steht ihm nicht nur die 20 Prozent weißer, reicher Farmer des Landes, die ihre Weltordnung gefährdet sehen, wenn der Pöbel ihnen nicht mehr zu Diensten stehen braucht, sondern auch Institutionen wie IWF und Weltbank. Wir hoffen das Beste. Möge Namibia uns den richtigen Weg weisen.

Dienstag, 1. September 2009

Demospaziergang am 12. September

Wir laufen diesmal am zweiten Samstag des Monats durch Berlin, um mit Passanten über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu reden. Es ist nur in kleinem Maße eine Demonstration, vor allem ein Spaziergang mit Gesprächen. Wir treffen uns gegen 12 Uhr im Cafe Kotti, das sich am Kottbusser Tor im ersten Stock des merkwürdigen Betonriegels befindet, der sich über die Adalbertstraße spannt. In den Gesprächen werden wir darauf hinweisen, dass auch einige parteilose Direktkandidaten mit dem Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens zur Bundestagswahl antreten, es wird also auch in ganz bescheidenem Maß Wahlkampf für eine Idee sein. (Ralph Boes tritt in Berlin-Mitte an, auf seiner Seite ist auch eine Liste der anderen Berliner Direktkandidaten.)

Die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens argumentieren ganz verschieden, sind sich aber zumeist über den Rahmen einig:

Menschen können ihre - unbedingten - Rechte nur wahrnehmen mit einem Einkommen, auf das es insofern auch ein bedingungsloses Recht gibt. Ein bedingungsloses Einkommen über der (relativen) Armutsgrenze ermöglicht freie Entscheidungen für und gegen gewisse Arbeiten, ob sie nun Lohnarbeit sind oder nicht. Wer sich gegen eine Arbeit entscheiden kann, kann auch verhandeln, unter welchen Bedingungen er oder sie eine Lohnarbeit annimmt. Wenn Arbeiten, die derzeit unter schlechten Bedingungen zu Billiglohn oder gar als 1-Euro-Maßnahmen geleistet werden, wichtig genug sind, wird es sie als Arbeit zu neu ausgehandelten Bedingungen weiterhin geben. Für freiwillig geleistete Arbeit - ob nun Ehrenamt, Kindererziehung oder Lohnarbeit - kann man Anerkennung bekommen und stolz darauf sein. Bei Zwangsmaßnahmen a la Hartz IV ist das meist nicht so. Dass Menschen gegen Gesetze, die sie als bockig und faul und unfrei behandeln, tatsächlich bocken, beweist nicht, dass sie dummes Gesocks sind, sondern auch, dass sie frei sein wollen. Wenn es auch echte "Faule" geben wird, die das bedingungslose Grundeinkommen als ein Stipendium zum Nichtstun betrachten, ist das keine Katastrophe. Es gibt sowieso keine Vollbeschäftigung und heuer genügend viele unfreiwillig Faule. Und es gibt ja andererseits auch bösen Fleiß (fleißige Waffenhändler...).

In anderen Hinsichten sind die Unterschiede der Befürworter groß. Auf eine Gefahr - aus meiner Sicht - will ich hinweisen. Wer sich und anderen das Grundeinkommen als ein "radikal vereinfachtes Sozialsystem" vorstellt, leistet den bisher Lohnabhängigen einen Bärendienst. Wenn das Grundeinkommen alle bisherigen Sozialleistungen einfach ersetzt, ist dessen Betrag ein unsägliches Schlachtfeld. In Wahrheit können mit der allmählichen Einführung eines Grundeinkommens andere Sozialleistungen vermindert werden, aber es sollte garantiert werden, dass zumindest keiner schlechter gestellt wird als jetzt. (Solange ein Grundeinkommen noch unter Hartz IV + Wohngeld liegt, sollte es etwa noch ein Wohngeld geben.) Auf diese Weise lebte es sich mit einem veränderlichen Gemisch aus Grundeinkommen, anderen Leistungen und Arbeitslohn. Spezifische Sonderleistungen für Menschen unter besonderen Bedingungen sollte es wohl immer geben. Darüber, wie auch über Lohn und Arbeitsbedingungen, wird es Debatten und Kämpfe geben, die vielleicht sogar mit dem Grundeinkommen erst richtig anfangen, denn es lässt sich hoffen, dass mit Freiheit und Stolz und der Option auf freie Zeit auch die Teilhabe an der Politik wieder wächst.

Freitag, 31. Juli 2009

Demonstration-Spaziergang am 1. August 2009

Und wieder spazieren wir am ersten Samstag des Monats, dem 1. August, durch Berlin und reden mit allen, die mit uns reden wollen, über das bedingungslose Grundeinkommen. Wir treffen uns gegen 12 Uhr im Cafe Kotti, das sich am Kottbusser Tor im ersten Stock des merkwürdigen Betonriegels befindet, der sich über die Adalbertstraße spannt. Wem das gefällt. kann zu uns stoßen oder einen eigenen Spaziergang veranstalten.

Fast alle, denen wir begegnen, gehen davon aus, dass die Bewohner dieses Landes (und im übrigen auch die der anderen Länder) Grundrechte haben, die in der Tat bedingungslos sind. Die Grundrechte, wie sie auch das Grundgesetz garantiert, lassen sich aber nur wahrnehmen, wenn man essen und wohnen und noch einiges mehr kann, für das man in unserer Welt ein Einkommen braucht. Letztlich also haben alle ein Recht auf ein Grundeinkommen, und zwar so bedingungslos wie das auf Leben. Im 'offenen Strafvollzug' von Hartz IV hat sich dieser Gedanke weitgehend verloren.

Und was dann? Ein solches Grundeinkommen wäre nicht das Ende aller Politik, sondern der Anfang, wie sich hoffen lässt. Wer jetzt am Rand steht, kann nicht mehr über die Bedingungen verhandeln, unter denen er seine Arbeitskraft verkauft. Ob Billiglohn oder 1-Euro-Job, es läuft darauf hinaus, die Gewährung der Grundrechte an zum Teil unannehmbare Bedingungen zu koppeln. Die Würde des Menschen ist unantastbar - und jetzt macht euch mal krumm. Einer mit Grundeinkommen kann wieder verhandeln. Gewerkschaften und Parteien könnten andere sein, wenn mehr Menschen sich einen aufrechten Gang leisten und auch mehr Menschen sich die Zeit nehmen können, über das nachzudenken, was sie oft bloß erleiden.

Und was ist mit den Faulenzern? Die gibt's auch jetzt schon. Und die bauen wenigstens keine Streubomben.

Dienstag, 23. Juni 2009

Demospaziergang am 11. Juli

Diesmal spazieren wir am 2. Samstag des Monats, am 11. Juli also, durch Berlin und reden mit allen, die mit uns reden wollen, über das bedingungslose Grundeinkommen. Wir treffen uns diesmal gegen 12 Uhr im Cafe Kotti, das sich am Kottbusser Tor im ersten Stock des merkwürdigen Betonriegels befindet, der sich über die Adalbertstraße spannt. Wem das gefällt, kann zu uns stoßen oder einen eigenen Spaziergang veranstalten.

Dieser Demospaziergang ist eigentlich keine Demonstration, sondern eine Diskutierveranstaltung, die jede nicht zu große Gruppe unternehmen kann. Wir haben zwar ein paar Schilder und Trillerpfeifen, um bemerkt zu werden, bleiben dann aber lange stehen, um Gespräche zu führen. So erreichen wir jedesmal einige Dutzend Leute, viel weniger als die kleinste Zeitung, aber anders als diese im Gespräch. Man muss nur die Peinlichkeit des Anfangs überwinden, die Gespräche führen sich dann ganz leicht. Über eine kleine Mitteilung von Leuten, die auch so etwas machen, würden wir uns freuen.

Der vor einigen Tagen verstorbene Ralf Dahrendorf hat sich (in Thomas Schmid (Hrsg.): Befreiung von falscher Arbeit - Thesen zum garantierten Mindesteinkommen, Berlin 1986, zitiert nach dem nebenstehenden Link) für ein bedingungsloses Grundeinkommen ausgesprochen und dabei zwei Begründungsstränge auseinandergedröselt, die normalerweise - auch von uns - vermengt werden.

Der eine ist die "Entkopplung von Arbeit und Einkommen" in einer Zeit, die Güter für alle produziert, dabei aber nicht mehr auf die Lohnarbeit aller angewiesen ist. Das ist ein wichtiges Thema, das aber verständliche Ängste bei vielen auslöst, deren Tagesablauf durch Lohnarbeit strukturiert ist, die nicht nur ihren Lebensunterhalt so finanzieren, sondern auch Achtung und Selbstachtung aus dieser Arbeit beziehen. Diese Bedeutung der Lohnarbeit kann langfristig schwinden, jetzt aber ist sie noch vorhanden. Unter den Arbeitern und in den Gewerkschaften vertreten nur wenige ein bedingungsloses Grundeinkommen, weil sie darin einen Kuhhandel wittern. Der Sicherheit und Freiheit, die das Grundeinkommen darstellen könnte, steht in ihrer berechtigten Sicht die Gefahr gegenüber, dafür Tarifverträge, Kündigungsschutz u. ä. zu verlieren. Andererseits verkleinert gerade die Angst for der Arbeitslosigkeit den Spielraum der Gewerkschaften und schwächt die Verhandlungsbasis von Arbeitnehmern. Ein die Angst verminderndes Grundeinkommen könnte dann durchaus auch als Verbündeter derer erscheinen, die weiter an die Lohnarbeit glauben. Die Bedeutung der Lohnarbeit wird nicht in einem Tag und auch nicht in einer Generation überwunden. Dahrendorf bemerkt dazu:

Das sind harte Tatsachen. Wer sie nicht zur Kenntnis nimmt, hebt vom Boden der Wirklichkeit ab, und seine oder ihre Vorschläge geraten damit ins Schweben, also in die Unverbindlichkeit. Das muß man gerade dann feststellen, wenn man selbst ein Befürworter des Weges von der Arbeits- zur Tätigkeitsgesellschaft ist. Man sollte dieses zentrale Thema nicht durch seine Vermischung mit dem des Mindesteinkommens schwächen.


"Sehr privilegierte Gruppen - zum Beispiel mittelständische Jungakademiker mit Beamtenrechten -" (Dahrendorf) und Ausüber von freien Berufen können sich jetzt schon leicht für die Entkopplung von Arbeit und Einkommen aussprechen. Wo das aber die einzige und bevorzugte Begründung bleibt, wird die Idee geschwächt. Viele Arbeiter und Angestellten könnten ihnen nicht trauen, weil ihre Bedürfnisse dabei nicht vorkommen.

Die Begründung, die Dahrendorf stattdessen vorschlägt, bezieht sich auf Grundrechte:

Das ist die Begründung durch Staatsbürgerrechte: wenn es nicht zu den Grundrechten jedes Bürgers gehört, daß eine materielle Lebensgrundlage garantiert wird, dann zerfällt die Staatsbürgergesellschaft. Anders gesagt, zur Definition des gemeinsamen Fußbodens, auf dem alle stehen, ist in der Tat die Entkopplung des Einkommens von der Arbeit nötig. Hier reicht weder die reine Wohlfahrt noch die Wiederbelebung des Spruchs, daß wer nicht arbeitet auch nicht essen soll. Es ist dies aber nicht mehr als eine notwendige Bedingung zur Schaffung einer Gesellschaft, in der zu leben sich lohnt. Vieles weitere bleibt zu tun, gerade auch im Hinblick auf die (Verteilung von) Arbeit. Das garantierte Mindesteinkommen ist so notwendig wie die übrigen Bürgerrechte, also die Gleichheit vor dem Gesetz oder das allgemeine, gleiche Wahlrecht.


Wie die Gesellschaft sich künftig zur Lohnarbeit stellt, wird die künftige Gesellschaft herausfinden. Diese Begründung können sich Jungakademiker und Arbeiter gleichermaßen zu eigen machen, so verschieden die Welt, die sie sich wünschen, auch aussähe.

Dahrendorf spricht schließlich noch von verschiedenen Bündnissen mit dem Teufel. Manche der Befürworter versprechen sich vom Grundeinkommen Bürokratieabbau und Dynamisierung des Arbeitsmarkts, sie halten das Grundeinkommen in erster Linie für eine ökonomisch sinnvolle Maßnahme. Nun gut. Sind nicht, bei der Durchsetzung einer Idee alle Verbündeten zu begrüßen?
Daran müssen wir leider zweifeln, denn es wäre eben nicht dieselbe Idee. Lassen wir wieder Dahrendorf zu Wort kommen.

Wacklige Koalitionen führen auch zu Entscheidungen ohne Bestand. Am Ende würden die einen immerfort am Steuersatz herumfummeln und die anderen der Schimäre einer von Arbeit gänzlich befreiten Gesellschaft nachlaufen, und das garantierte Mindesteinkommen wäre das Opfer.

Die Entscheidung, die verlangt ist, ist in Wahrheit eine ganz andere. Sie ist in der Qualität nicht anders als die Garantie der Gleichheit vor dem Gesetz und des gleichen Wahlrechts. Es ist ein Schritt zu tun, der seiner Natur nach unwiderruflich ist. Gewiß schützen Verfassungen nicht vor Tyrannen, zumal nicht vor dem Mediencharisma populistischer Führer. Aber sie verkörpern, wenn sie gut sind, die besten Errungenschaften einer zivilisierten Gesellschaft, das also, hinter das man nicht mehr zurückfallen will. Im normalen Gang der Dinge zumindest binden sie die Hände der politisch Tätigen, und noch im nicht-normalen Gang schaffen sie ein Hindernis für verderbliche Entscheidungen. In die Verfassung im weiteren Sinne gehört auch das Mindesteinkommen. Es muß als Grundbestand der Staatsbürgerrechte Anerkennung finden, weil sein Sinn darin liegt, eine Ausgangsposition zu bestimmen, hinter die niemand zurückfallen darf.


In diesem Sinn demonspazieren wir wieder durch Berlin.

Freitag, 5. Juni 2009

Und wieder demonspazieren wir fürs bedingungslose Grundeinkommen

Am Samstag, dem 6. Juni, treffen wir uns wieder gegen Mittag im Cafe Jenseits am Heinrichplatz und spazieren dann irgendwo durch Berlin, um mit den Leuten, die uns begegnen, übers bedingungslose Grundeinkommen zu reden.

Vollbeschäftigung gibt's nicht mehr, aber an Gütern herrscht kein Mangel. Jeder hat ein Recht auf ein selbstgestaltetes Leben, unabhängig davon, ob er einer Lohnarbeit nachgeht. Wer ein Grundeinkommen hat, kann entscheiden, was er tut. Ein solches Grundeinkommen kann mit Steuern finanziert werden. Die Finanzierbarkeit ist ja meist der erste Einwand, doch man sieht ja zurzeit, was alles finanzierbar wird, wenn man es für nötig hält.


Große Mühen und viel Geld verwenden die Staaten darauf, Unternehmen und Banken zu stützen, damit alles so bleiben kann, wie es ist. Das heißt im Klartext: Wenn beispielsweise "Opel gerettet wird", werden die Opel-Angestellten, die nicht entlassen werden, dankbar die Kündigung der Tarifverträge akzeptieren, und dankbar wird die ganze Branche die Ausdehnung von Billiglohn hinnehmen. Die, die entlassen werden, danken zunächst niemandem, sehen aber selbst mittlerweile ein, Späne zu sein, während gehobelt wird. Immer wieder hört man von einer "alternativlosen Politik". Man muss dieses Unternehmen retten, dessen wirtschaftliche Bedeutung... Man kann ja nicht alle Unternehmen retten, das versteht jeder... In so einer Krise werden nun einmal Arbeitskräfte freigesetzt.

So weit, so gut. Wie geht's denn den solchermaßen Freigesetzten? Während man ständig mit der brechreizerregenden Formulierung "das erwarten die Menschen in unserm Land" konfrontiert wird, kümmert das Befinden der Arbeitslosen (Menschen?) einen Dreck. Das Modell lautet immer noch Vollbeschäftigung, und die Arbeitslosen müssen im Rahmen von Hartz IV unter anderem Maßnahmen erdulden, die an die Bestrafung von Kriminellen erinnern. Neuerdings dürfen die Arbeitsagenturen die Leistungsempfänger (Menschen?) sogar bespitzeln. Jeder soll merken, dass er das Arbeitslosengeld einem Gnadenakt der sich wohlverhaltenden Mehrheit verdankt.

Anders betrachtet: Haben wir ein Rezessiönchen, schrumpft der zu verteilende Kuchen um 6 Prozent. Und? Sieht das nach Katastrophe aus? Man muss die Verluste aber nur schön ungleichmäßig verteilen, und es wird eine Katastrophe für einige Millionen draus. Da gibt es dann viele aufschlussreiche Effekte, zum Beispiel der Anstieg der Selbstmordrate. Die die (noch) Arbeit haben, dürfen sich dann auf die im Wahlkampf versprochenen Steuergeschenke freuen, während sie (auch die mit den "guten" Jobs) zittern, ihren Platz auch noch zu verlieren. So wenig Stolz, Gleichmut und Freiheit bei soviel Wohlstand...

Wenn man schon undurchsichtigen Prozessen, die nur unzutreffend mit "Markt" bezeichnet werden können, die Schaffung und Zerstörung von Arbeitsplätzen und die Festlegung der Gehälter überlässt, dann sollten doch grundlegende Rechte nicht dem Markt überlassen bleiben. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre ein Weg.

Donnerstag, 30. April 2009

Am Tag nach dem Tag der Arbeit...

... werden wir wieder für das bedingungslose Grundeinkommen, ganz brav, auf den Bürgersteig gehen. Wir treffen uns wie immer um 12 Uhr im Café Jenseits am Heinrichplatz in Kreuzberg.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist weniger Ziel als Anfang.

Nachtrag und Antwort auf einen Kommentar: Danke für den Hinweis!
Es gibt am selben Tag eine Demonstration (13 Uhr ab Senefelder Platz), die unter anderem auch das bedingungslose Grundeinkommen fordert. Vielleicht werden wir's so einrichten, dass wir die treffen. Unser Spazieren-Diskutieren ist allerdings etwas ganz anderes als eine Großkundgebung, und wir hoffen, dass beides, auf jeweils andere Art, etwas dazu beitragen kann, so ein Grundeinkommen zu verwirklichen.

Mittwoch, 1. April 2009

Am ersten Samstag in diesem April...

... also am 04.04.09 wird wieder demonspaziert. Wir treffen uns wie immer um 12 Uhr im Café Jenseits am Heinrichplatz in Kreuzberg. Wer mag, schließe sich uns an. Die Kälte ist dabei, sich zu verziehen.

Im März waren wir auf der Hermannstraße, dann auf der Flughafenstraße, schließlich auf der Karl-Marx-Straße unterwegs, also im berühmt-berüchtigten Berlin-Neukölln. Dort haben wir nicht wenige Leute getroffen, die ein Grundeinkommen wohl gut gebrauchen könnten. Trotzdem waren die Reaktionen sehr unterschiedlich. Während zwei Frauen, die viele Kinder großgezogen haben, die Idee des Grundeinkommens unbedingt
befürworteten, zeigte uns eine andere Frau, die lange auf unsere Plakate gestarrt hatte ("Grundeinkommen statt demütigender Notversorgung") den Vogel.
Die zwei Frauen erzählten, wie sich die eine als Putzkraft verdingte, und dabei nicht mehr verdiente als den Hartz IV - Satz, daher jetzt Hartz IV beantragte; wie die andere von einem Ein-Euro-Job in den nächsten geschoben wurde und wird, wie das Geld ständig knapp ist, wie sie sich ein Buch für die Tochter vom Mund absparte, wie der staatliche Zwang zur Arbeit dazu führte, dass sie ihre Kinder, als sie noch klein waren, alleine zu Hause lassen musste - mangels Betreuungsangebote von Seiten eben desselben Staates. Die zwei Frauen erzählten, wie eine Nachbarin, 55-jährig und zuckerkrank, trotz ihrer Krankheit in immer neue Maßnahmen des Jobcenters gesteckt werde, bei denen sie dann einschlafe. Hartz IV, sagten sie, sei kein Gesetz, das zeige schon sein Name, Hartz IV sei eine Strafe. Sie erzählten, dass sie auf dem Amt begrüßt würden mit "Sie - unterschreiben – müssen – hier", obwohl sie fließend deutsch sprechen. Sie erzählten, dass ihre Kinder alles täten, um niemals zu irgendeinem Amt gehen zu müssen, wie sie die Bürokratie und deren zahllose Formulare verabscheuten, dass sie deshalb dermaßen leistungsorientiert und zielstrebig lebten und lernten, dass es ihnen, ihren Müttern, schon unheimlich sei. Die zwei Frauen sagten, dass ihnen ihr Leben hier keine Freude mehr bringt, sie deshalb lieber zurück in den Libanon wollten, einzig von ihren Kindern hier gehalten würden. Trotz alledem waren sie kämpferisch: "Wir sollten alle auf die Straße gehen, ohne Anmeldung, ohne Polizei, raus aus den Häusern!"
Einige Schritte weiter trafen wir auf einen Herrn, der auf unserem Flugblatt las "Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen?" und kommentierte "Find' ich gut!" Unsere Gegenargumente machten ihn nur wütender, bis er sich empört abwandte. Auch der Ultima-Ratio-Hinweis auf Leute, die schuldlos nach 30 Jahren Erwerbsarbeit arbeitslos würden, hatte ihn nicht nachdenklich gemacht. "Pech gehabt!", sagte er nur.
So ging es weiter auf und ab. Ein Zyniker, der offen zugab, dass er Steuern hinterziehe ("Die Großen machen das doch auch") und soziale Ideen grundsätzlich abzulehnen schien ("Jeder ist sich selbst der Nächste"), wollte am Ende doch ein Flugblatt mitnehmen. Ein junges Mädchen russischer Herkunft meinte, in der UDSSR habe das Sozialsystem gut funktioniert, die Deutschen seien aber für so etwas zu egoistisch. Ein gerade verrentetes Ehepaar fand die Idee, obwohl sie erstmals davon hörten, vorbehaltlos gut, schimpften auf Merkel und die ungleiche Einkommensverteilung. Sie konnten sich noch gut an ihre eigenen Erfahrungen mit Hartz IV erinnern.

Worum geht es beim Grundeinkommen? Einzig um einen bestimmten Betrag Geld pro Monat? Das sicher nicht. Das bedingungslose Grundeinkommen stellt das "Recht auf Leben" auf eine tatsächliche, materielle Grundlage: Es geht um die Überwindung von Armut, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Es geht um Selbstbestimmung und wirkliche, partizipative Demokratie. Es geht um die Wiederauferstehung von Soldarität, weit über nationales Denken hinweg. Deswegen darf das Grundeinkommen auch nicht an die Staatsbürgerschaft geknüpft werden, sondern muss vom Wohnsitz abhängen: Armut ist relativ zum Ort, an dem man lebt, nicht zum Ort, an dem der Pass ausgestellt wird. Das heißt jeder, der in diesem Land lebt, muss das Recht auf dasselbe Grundeinkommen haben, ob z.B. deutscher Staatsbürger oder Flüchtling. Das Ziel kann keine Zweiklassengesellschaft sein: die mit und die ohne Grundeinkommen.

Freitag, 6. März 2009

Nächste Samstagsdemonstration am 14.03.09

Für den März machen wir wieder eine Ausnahme und laufen erst am zweiten Samstag des Monats. Treffpunkt und Uhrzeit aber bleiben: im Café "Jenseits" am Heinrichplatz um 12 Uhr. Wer mag, schließe sich uns an, wer mag, mache einen eigenen Demonspaziergang; der Frühling komme!

Seit Mai letzten Jahres laufen wir am ersten, spätestens aber am zweiten Samstag eines jeden Monats durch Berlin, um mit Leuten über das bedingungslose Grundeinkommen zu sprechen. Auf den Bürgersteigen, versteht sich. Ein paar Trillerpfeifen haben wir dabei, auch Plakate, um auf uns aufmerksam zu machen, und unser Flugblatt. Wir sind nie mehr als zu sechst, das sind wenige, aber so soll es zur Zeit sein, denn der Sinn dieser "Demonstrationen" ist eben nicht, zu demonstrieren, sondern Gespräche zu führen. Beim Sprechen soll es selbstverständlich nicht bleiben, und unsere Hoffnung ist, dass wieder eine breite soziale Bewegung entsteht, die kraft ihrer Breite und Masse ihre Vorstellungen politisch durchsetzen kann. Vielleicht gehört dann ja das bedingungslose Grundeinkommen dazu.

Freitag, 6. Februar 2009

Morgen ...

am 7. Februar findet wieder unser kleiner Demonspaziergang statt, wir treffen uns gegen Mittag im Jenseits am Heinrichplatz, Kreuzberg.

Der letzte Spaziergang führte uns vom Alexanderplatz die Karl-Marx-Allee entlang. Besonders viele Leute waren dort bereit, über die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens zu reden, trotz schneidender Kälte. Im Ostteil der Stadt hat so gut wie jede Familie Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit, Billiglöhnen und Pendelei durchs ganze Land. Unsere Gesprächspartner billigten das Grundeinkommen nur teilweise, teilten aber größtenteil die Kritik am bestehenden Sozialsystem in der bestehenden Arbeitswelt. Bizarr war die Begegnung mit einem wirklichen Nazi, der allen Ernstes behauptet, 'Deutschland habe sich gegen Polen nur verteidigt', und der unser Sozialsystem durch Wiedererrichtung des Nationalsozialismus überflüssig machen möchte. So ein Irrsinn ist eine große Ausnahme, typisch für nichts und niemanden. Münteferings jüngster Versuch, die Linkspartei und ihre Wähler, von denen es im besagten Ostteil Berlins viele gibt, in den Geruch von Nazis zu bringen, ist ebenso unfair wie dreist. Dass der Verrat der SPD am Sinn des Sozialsystems auch die Neonazis stärkt, kann sein, er stärkt aber auch Parteien, die noch irgendetwas von dem haben, für das die SPD früher einmal zu stehen vorgab. Der Nazi war übrigens gegen das bedingungslose Grundeinkommen, selbstverständlich.

Andererseits habe ich in letzter Zeit mehrere Gespräche mit erfolgreichen, westdeutschen Mittelstandskindern geführt, die auf eine 'Deregulierung' setzen, die sie 'Freiheit' nennen. Sie sind arg sicher, zu den Gewinnern zu gehören, und haben keine Beziehung zu den Verlierern. Sie rufen 'jeder kann es schaffen' und 'jeder ist seines Glückes Schmied', ohne zu bedenken, dass das Schmieden des Glücks Voraussetzungen hat. Für die Kombination Grundeinkommen/Abschaffung des Kündigungsschutzes wären sie dennoch zu haben, aber vermutlich nur bei einem Niveau des Grundeinkommens, dass die Freiheit und Selbständigkeit des einzelnen gegenüber dem Arbeitsmarkt gerade nicht ermöglichen würde. Und dann hieße die Abschaffung des Kündigungsschutzes für ältere und weniger Qualifizierte am Ende doch, nur noch am Rande der Gesellschaft dem besseren Leben zuzuschauen.

Es muss klar sein: Wer das bedingungslose Grundeinkommen als Mittel zur Befreiung von Angst und Demütigung und vom Zwang, sich als Ware zu verkaufen, sieht, der wird es nicht zu niedrig ansetzen dürfen. Und wird nicht die anderen Rechte, die Arbeiter in vielen Jahren erkämpft haben, fahren lassen, bevor eine solche Freiheit erreicht wäre. Wenn Gewerkschaften die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens misstrauisch beäugen, haben sie damit leider teilweise recht, solange einige Vertreter der Idee (nennen wir sie vereinfachend 'FDP') ein Paket schnüren, das alle Arbeitnehmerrechte fürs Grundeinkommen über Bord kippt.

Im Gedanken der Befreiung von der Angst ist dagegen sogar die Möglichkeit eines Wiedererstarkens von Gewerkschaften angelegt, denn die gegenwärtige Angst ermöglicht kaum größere Arbeitskämpfe. Dass die gegenwärtigen Tarifrunden größere Lohnerhöhungen bringen, heißt, so viel ich sehe, nicht, dass die Gewerkschaften als gesellschaftliche Kraft wieder da wären. Denn zu den ganzen Billiglohn- und Zeitarbeitern fiel ihnen außer 'Mindestlohn' nichts ein. Das kann manchen etwas bringen, tut aber nichts gegen den Mechanismus, der einzelne zwingt, sich in Zeitarbeitsagenturen zu verdingen, die den größten Teil des Gehalts einsacken. Wir erinnern: 7 Millionen erhalten Hartz IV, davon mehr als die Hälfte als Aufstockung ungenügenden Einkommens.