Freitag, 15. Januar 2010

Arbeitshaus und Hartz IV

Ein Kommentator, der sich "BWL-Student" nennt, hat sich auf meinen letzten Post mit einer These zu Wort gemeldet, die zwar falsch ist, aber erschreckend viele Anhänger hat:

Wer keine Arbeit hat, sei faul, versoffen oder anderweitig lasterhaft. Man solle "solche Leute" nicht unterstützen (oder nur auf dem Niveau, sie nicht verhungern zu lassen), dann suchten sie sich auch Arbeit. Der Staat spare Geld, die "Leistungsträger" verdienten mehr, es gebe mehr Arbeit. Daran ist so ziemlich alles falsch, aber es nicken nicht wenige, die sich für Leistungsträger halten, selbst wenn sie etwa durch ihr Investment-Banking Arbeitsplätze zerstört haben. (Ich meine damit nicht nur, dass die These unsittlich sind, sondern vor allem, dass sie faktisch falsch ist, sowohl was die Volkswirtschaft betrifft, als auch, was die Beschreibung der Menschen angeht. Für unsittlich halte ich sie im übrigen auch.) Bei unseren Demospaziergängen werden wir mit allen möglichen Varianten dieser These konfrontiert.

Die eigentliche Schande ist, dass es anscheinend keine Schande ist, derlei zu sagen. Das Vokabular ist meist so gewählt, dass es positiv klingt: "Leistungsträger", "Aktivieren", etc. Man kann in der "Mitte der Gesellschaft" dafür plädieren, die Menschenwürde mit Füßen zu treten, allein man darf es nicht so nennen.

Wer so denkt, lehnt ein bedingungsloses Grundeinkommen selbstverständlich ab und findet Hartz IV noch zu großzügig. Ja, kann man denn wirklich so denken?, frage ich mich immer wieder, einigermaßen fassungslos. Ich hätte ein solches Menschenbild für überwunden und einen solchen 'Marktliberalismus', der auch die Menschen als bloße Waren betrachtet, für widerlegt gehalten. Nichts aber ist je endgültig widerlegt. Mir fiel etwa die Ähnlichkeit zwischen Arbeitshäusern und modernen Konzepten ("workfare", "Fördern und Fordern") auf: Wer mag, kann das hier (Link) nachlesen. Es kann nichts schaden, zu wissen, wie die Gegner des bedingungslosen Grundeinkommens klingen. Das vergisst man nämlich leicht, wenn man vor allem mit dessen Befürwortern spricht.

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