Freitag, 24. Februar 2012

Am Samstag, den 25. Februar demonspazieren...

wir wieder ab Mittag durch Berlin, um unter anderem über das bedingungslose Grundeinkommen zu reden. Sonst pflegen wir an dieser Stelle für das Grundeinkommen zu argumentieren. Argumente brauchen aber Raum, um gehört zu werden. Daher geht es heute um das, was diesen Raum unrechtmäßig beschlagnahmt.

Was ist unwichtig? Unwichtig ist sicher, welche Bundessprechpuppe gerade agiert. Unwichtig wie das Amt des Bundespräsidenten wäre auch die "Beschädigung" dieses Amts. Zwar kann so ein Bundespapagei manchmal ein gutes, manchmal ein schlechtes Wort sagen, aber wie erbärmlich sind wir eh schon, wenn wir solche Worte aus unberufenem Munde brauchen. Der Gegenstand der Politik ist das staatliche Handeln zu unserem Wohl oder unserem Nachteil.

Während leidenschaftlich über Unwichtiges diskutiert wir, lebt das ärmste Viertel unserer Bevölkerung an der Armutsschwelle, werden weiter Flüchtlinge abgeschoben, schießt in Afghanistan die Polizei mit unseren Gewehren auf Demonstranten und in Syrien die Polizei mit anderer Leute Gewehre auf Demonstranten. Auch davon wird berichtet, aber nur so, dass ein vages selbstgerechtes Bild bleibt, demgemäß "wir" das "syrische Volk" unterstützen und auch gerne von der UN einen Menschrechts-Krieg legitimiert hätten, wenn nicht die bösen und interessegeleiteten Chinesen und Russen wären. -- Anfang Februar wurden noch syrische Flüchtlinge aus Deutschland nach Ungarn abgeschoben. Wenn die Ungarn sie eventuell nach Syrien abschieben, können wir unsere weißen Hände herzeigen. Menschenrechte legitimieren Kriege, Menschenrechte genügen aber nicht, Flüchtlinge willkommen zu heißen. Wer Menschenrechte so verwendet, lügt. Aber man lügt ja meist ungestraft, wenn man nicht zufällig der von der BILD-Zeitung erst hochgelobte und dann zum Abschuss freigegebene Bundespräsident ist. Ungestraft lügt man über Wichtiges, während unwichtige Lügen am Pranger stehen.

Menschenrechte werden auch in diesem Land verletzt. Wir reden über den Präsidenten, während der Anteil der prekär Beschäftigten wächst, der Anteil der armen Rentner, die im Müll wühlen, wächst, der Anteil der durch Aussonderung aus der Arbeitswelt Gebrochenen wächst. Politiker präsentieren sich als tatkräftig und durchsetzungsfähig, wenn es um die Besetzung eines komplett unwichtigen Amts geht, und schweigen über alles, was im Argen steht.

Der Arbeitsmarkt, wie wir ihn haben, verstößt gegen Menschenrechte. Wer kein Vermögen hat, muss sich zu Bedingungen verkaufen, die ein freier, das heißt leider: vermögender Mensch, nie akzeptieren würde. Das bedingungslose Grundeinkommen wird durch die Rechte, die uns das Grundgesetz und die europäische Menschenrechtskonvention zusichern, bereits impliziert: Leben, Gesundheit, Wohnung, freie Wahl der Arbeit, Bildung. Es fehlt nicht an verbrieften Rechten, es fehlt an deren Durchsetzung. Die politische Stagnation verdankt sich zum guten Teil einer Verblödungs- und Ablenkungsindustrie. die wochenlang über den Bundespräsidenten zu berichten im Stande ist.

Wir möchten beispielsweise über ein bedingungsloses Grundeinkommen reden. Dazu müssen wir den Raum für politische Debatten erst wieder freischaufeln. Möge Springer zugrunde gehen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das wär schön, wenn BILD und WELT nicht mehr erscheinen würden.

Immerhin sind inzwischen schon die etwas, etwas leiser geworden, die all die letzten Jahre so "ironisch" cool daherredeten, ob in der "Süddeutschen" oder sonstwo, es wäre "heute ja ganz gleich, da man nicht mehr so ideologisch fixiert wäre" - ob man bei BILD oder in der Süddeutschen arbeite. Manchmal klangen die Artikel dann tatsächlich so, als wäre es gleich doof.

Wenn man etwas naiver gestimmt ist, wie ich, wundert man sich eh jeden Morgen, wieso gleich wieder die zig Leute, die man trifft, BILD lesen und jede, aber auch jede Medienblase für genau so lang wichtig finden, wie man sie ihnen vorsetzt. Grad weil hier im Beitrag Gauck angesprochen wurde - nicht nur in der Berichterstattung über ihn während der letzten Wochen unterschied sich FAZ, Süddeutsche, taz oder welches Blatt immer wirklich nur marginal von dem, was WELT und BILD brachten.

Aber wenn ich z.B. Arbeiter treffe, die viel zu tun haben, und dann 20 Minuten Zeit haben, im Café zu sitzen - es zwingt sie niemand, ich glaube in manchen Fällen nicht mal die Umstände, den verschimmelten Quark der Medien zu lesen.
Es wäre zu schön, die meisten Leser würden sich dafür interessieren, ob z.B. in Libyen die von "uns" unterstützten Rebellen Massaker anrichteten. Zur Zeit ist das nicht so, in vielen Fällen. Ich weiß nie, ob man das überhaupt erwarten "darf". So kann man niemand vorschreiben, der Sarrazin gelesen hat, (und Ausschnitte haben erstaunlich viele auch unter den Arbeitern im Kopf), was sie lesen wollen.
Liest jemand BILD, kann man nicht auf die Zeitung spauzen, obwohl es schön wäre, "oh, entschuldigung, da hab ich wie gestern wieder den Kaffee grad auf ihre BILD, also sowas...soll erst morgen wieder passieren".
Aber die *eigene* Situation, wenn im Radio, während der 20-minütigen Pause, wieder ein Arbeitgeberfuzzy das hohe Lied der Leiharbeit singt, und die dazugehörigen Löhne und Arbeitsbedingungen verschweigt, *die* kann man bedenken. Das wäre ein Anfang. Möglich wär das... für fast alle.
Wären Mehrheiten nur bereit, statt über "diese Hartz4-Schmarotzer" zu jammern wie gestern ein kroatischer Arbeiter neben mir, der auch nicht viel verdient, endlich die schöngeredeten erbärmlichen Lügen zu durchschauen! Dann könnte sogar BILD weiter erscheinen! Wär halt durchschaut als was es ist, ein schleimiges Lügenblatt.

Vielleicht fehlen uns moderne, heutige Arbeitervereine, vielleicht fehlt anderes - aber die jämmerliche Springer-Presse nebst den Intellektuellen, die sie schönreden, die können wir alle durchschauen. Das ist nicht schwer. Und ja, das gabs auch schon, nicht wahr?

Ich traf einen Rentner, der immer begierig BILD liest. Der sagte, eine SZ in der Hand, "sehen sie, die Süddeutsche - und die ist nun wirklich intellektuell - die findet auch, BILD ist nicht schlecht". Es scheint also einen betreffenden Artikel im Münchner Bleedl gegeben zu haben. Ja ja, und Prantl hockt im Presseclub immer beim Müller-Vogg. Rülps, würde man dazu in "MAD" lesen. Rülps spei kotz vomit. Das Problem ist, daß das dazu passende Gesicht in MAD genauso Kai Diekmann wie irgendein Philipp Gessler oder Ijoma Mangold oder Heike Göbel oder gleichwer sein könnte. Wie der Spiegel vor 15 Jahren zum Focus wurde, ist Springer nicht verschwunden, sondern die Kritik an Springer wurde "uncool", und überregionale Zeitungen näherten sich denen an. Würg spei kotz^^. Schad iss, daß man genau das, was ich hier rumbrülle, jedem im Café oder wo immer genau wortgleich *so* sagen kann, und fast alle - stimmen zu. Was das bedeutet, kapier ich einfach nicht, rätsel grübel kratz^^. Brüll schrei möge Springer von mir aus bleiben, aber alle durchschauten die taz SZ Focus Bunte BILD-Lügen. Die sind doch dreist genug.

zerniboi hat gesagt…

Oh, war im März keine Demo?

LG Matthias